17. Mai 2015
Gedächtnis des Hl. Andronikos v. Junia,
Hl. Erzbischof Athanasios v. Christianopoulos,
Hl. Großfürstin Efrosinia v. Moskau,
Hl. Patriarch Stefanos v. Konstantinopel,
Hl. Großmartyrer Nikoalaj v. Sofia
6. Sonntag nach Ostern - vom erleuchteten Blindgeborenen
ХРИСТОС ВОСКРЕСЕ
ИЗ МЕРТВЫХ,
СМЕРТИЮ СМЕРТЬ ПОПРАВ,
И СУЩЫМ ВО ГРОБЕХ
ЖИВОТ ДАРОВАВ
Christos erstand von den Toten,
in Seinem Tode bezwang Er den Tod
hat allen in den Gräbern
das Leben gebracht.
Χριστός ανέστη εκ νεκρών,
θανάτω θάνατον πατήσας,
και τοις εν τοις μνήμασι,
ζω ὴ ν χαρισάμενος!
Hristos anesti ek nekron,
Thanato thanaton patisas,
Ke tis en tis mnimasi
Zo-in kharisamenos !
Hristos a înviat din morţi,
Cu moartea pre moarte călcând,
Şi celor din morminte
Viaţă dăruindu-le!
Das Auferstehungstroparion (Ton 5):
Das mit dem Vater und dem Geiste gleich anfanglose Wort, das von der Jungfrau
zu unserer Erlösung geborene, lasset uns, Gläubige, besingen und anbeten; denn
es hat Ihm wohlgefallen,
mit Seinem Fleisch auf das
Kreuz zu steigen und den Tod zu erleiden und aufzuerwecken die Verstorbenen
durch Seine ruhmreiche Auferstehung.
Das Kondakion (Ton 5):
Zur Hölle, mein Erlöser, bist Du hinabgefahren,
hast als Allmächtiger die Tore zertrümmert, als Schöpfer die Entschlafenen
auferweckt, den Stachel des Todes zerstört, o Christus, und den Adam vom Fluche
befreit, o Menschenliebender. Deshalb rufen wir alle zu Dir: Errette uns, o
Herr!
Das Kondakion zum Sonntag des
Blindgeborenen (4. Ton):
Blind an den Augen meiner Seele, komme ich, Christus, zu Dir.
Wie der Blindgeborene rufe ich zu Dir voll Reue. Denen, die in der Finsternis
weilen, bist Du das strahlende Licht.
Apostellesung des Sonntags (Apg 16,16-34):
Als wir nun auf dem
Wege zu der Gebetsstätte waren, begegnete uns eine Magd,
die von einem Wahrsagegeist besessen war und ihrer Herrschaft durch ihr
Wahrsagen viel Geld einbrachte. Die ging hinter Paulus und uns her und rief
laut: »Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes, die euch den Weg zur
Rettung verkündigen!« Das setzte sie viele Tage
hindurch fort. Darüber wurde Paulus unwillig; er wandte sich um und sprach zu
dem Geist: »Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren!«, und er fuhr wirklich auf der Stelle aus.
Als nun die Herrschaft sah, dass es mit ihrer Hoffnung auf Geldgewinn vorbei
war, ergriffen sie den Paulus und Silas, schleppten
sie auf den Marktplatz vor die Behörde, führten sie vor die Stadtrichter und
sagten: »Diese Menschen stören die Ruhe in unserer Stadt; sie sind Juden und
verkünden Gebräuche, die wir als Römer nicht annehmen und ausüben dürfen.«
Da trat die Volksmenge gleichfalls gegen sie auf, und die Stadtrichter ließen
ihnen die Kleider vom Leibe reißen und ordneten ihre Auspeitschung an.
Nachdem sie ihnen dann viele Stockschläge hatten verabfolgen lassen, setzten
sie sie ins Gefängnis mit der Weisung an den Gefängnisaufseher, er solle sie in
sicherem Gewahrsam halten. Der warf sie auf diesen Befehl hin in die innerste
Zelle des Gefängnisses und schloss ihnen die Füße in den Block ein.
Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und
priesen Gott in Lobliedern;
die übrigen Gefangenen aber hörten ihnen zu. Da entstand plötzlich ein starkes
Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses erbebten; sofort sprangen
sämtliche Türen auf, und allen fielen die Fesseln von selbst ab.
Als nun der Gefängnisaufseher aus dem Schlaf erwachte und die Türen der
Gefängniszellen offen stehen sah, zog er sein Schwert und wollte sich das Leben
nehmen; denn er dachte, die Gefangenen seien entflohen. Paulus jedoch rief mit
lauter Stimme: »Tu dir kein Leid an, denn wir sind alle noch hier!«
Da rief jener nach Licht, stürzte in die Zelle hinein und warf sich zitternd
vor Paulus und Silas nieder; dann führte er sie
hinaus und fragte sie: »Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet (selig)zu
werden?«
Sie antworteten:
»Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du mit deinem Hause gerettet werden.«
Nun verkündigten sie ihm und allen seinen Hausgenossen das Wort des Herrn.
Da nahm er sie noch in derselben Stunde der Nacht zu sich, wusch ihnen die
blutigen Striemen ab und ließ sich mit all den Seinen sogleich taufen.
Danach führte er sie in seine Wohnung hinauf, ließ ihnen den Tisch decken und
frohlockte mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.
Evangelium des Sonntags (Joh 9,1-38):
In jener Zeit sah Jesus im
Vorübergehen einen Mann, der von Geburt an blind war. Da fragten ihn seine
Jünger:
»Rabbi, wer hat gesündigt, dieser Mann oder seine Eltern, dass er als Blinder
geboren worden ist?«
Jesus antwortete:
»Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern; sondern dazu ist es geschehen,
damit das Wirken Gottes an ihm offenbar würde. Wir müssen die Werke dessen
wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, in der
niemand wirken kann. Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.
«Nach diesen Worten spie er auf den Boden, stellte mit dem Speichel einen Teig
her, legte dem Blinden den Teig auf die Augen und sagte zu ihm: »Gehe hin,
wasche dich im Teiche Siloah!«
– Das heißt übersetzt ›Abgesandter‹.
– Da ging er hin, wusch sich und kam sehend zurück. Nun sagten die Nachbarn und
die Leute, die ihn früher als Bettler gesehen hatten: »Ist dieser nicht der
Mann, der früher dasaß und bettelte?«
Die einen sagten: »Ja, er ist’s«; andere meinten: »Nein, er sieht ihm nur
ähnlich«;
Er selbst aber sagte: »Ja, ich bin’s.«
Da fragten sie ihn: »Auf welche Weise sind dir denn die Augen aufgetan worden?«
Er antwortete: »Der Mann, der Jesus heißt, stellte einen Teig her, strich ihn
mir auf die Augen und sagte zu mir: ›Gehe hin an den Siloahteich
und wasche dich dort!‹
Da ging ich hin, wusch mich und konnte sehen.«
Sie fragten ihn nun: »Wo ist der Mann?«
Er antwortete: »Das weiß ich nicht.«
Man führte ihn nun zu den Pharisäern, ihn, den ehemals Blinden.
Es war aber Sabbat an dem Tage gewesen, an dem Jesus den Teig hergestellt und
ihm die Augen aufgetan hatte.
Da fragten ihn nochmals auch die Pharisäer, wie er sehend geworden sei, und er
antwortete ihnen: »Er hat mir einen Teig auf die Augen gelegt, ich habe mich
dann gewaschen und kann nun sehen.«
Da sagten einige von den Pharisäern: »Der betreffende Mensch ist nicht von Gott
her, weil er den Sabbat nicht hält«; andere dagegen meinten: »Wie könnte ein
sündiger Mensch derartige Wunderzeichen tun?«
So bestand eine Meinungsverschiedenheit unter ihnen. Sie fragten also den
Blindgeborenen aufs Neue: »Was sagst du denn von ihm? Dir hat er doch die Augen
aufgetan.«
Jener antwortete:
»Er ist ein Prophet.« Die Juden wollten nun von ihm
nicht glauben, daß er blind gewesen und sehend
geworden sei, bis sie schließlich die Eltern des Sehendgewordenen riefen und
sie fragten: »Ist dies euer Sohn, der, wie ihr behauptet, blind geboren worden
ist? Wie kommt es denn, dass er jetzt sehen kann?«
Da antworteten seine Eltern: »Wir
wissen, dass dies unser Sohn ist und dass er als Blinder geboren worden ist;
wie es aber kommt, dass er jetzt sehen kann, das wissen wir nicht, und wer ihm
die Augen geöffnet hat, wissen wir auch nicht. Befragt ihn selbst darüber: er
ist alt genug; er wird selbst Auskunft über sich geben.«
Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden
hatten bereits miteinander abgemacht, dass, wenn jemand Jesus als den Messias
anerkenne, er in den Bann getan werden solle. Aus diesem Grunde sagten seine
Eltern: »Er ist alt genug: fragt ihn selbst!«
So ließen sie denn den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal rufen und
sagten zu ihm: »Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder
ist.« Da antwortete jener: »Ob er ein Sünder ist, weiß
ich nicht; eins aber weiß ich, dass ich blind gewesen bin und jetzt sehen kann.« Da fragten sie ihn noch einmal:
»Was hat er mit dir vorgenommen? Auf welche Weise hat er dir die Augen aufgetan?«
Er antwortete ihnen: »Ich habe es euch schon einmal gesagt, doch ihr habt nicht
darauf gehört; warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine
Jünger werden?«
Da schmähten sie ihn und sagten:
»Du bist ein Jünger von ihm, wir aber sind Jünger von Mose.
Wir wissen, dass Gott zu Mose geredet hat; von diesem
aber wissen wir nicht, woher er stammt.«
Der Mann gab ihnen zur Antwort:
»Darin liegt eben das Verwunderliche, dass ihr nicht wisst, woher er stammt,
und mir hat er doch die Augen aufgetan. Wir wissen, dass Gott Sünder nicht
erhört, sondern nur, wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den
erhört er. Solange die Welt steht hat man noch nicht vernommen, dass jemand
einem Blindgeborenen die Augen aufgetan hat.
Wenn dieser Mann nicht von Gott her
wäre, so vermöchte er nichts zu tun.«
Sie antworteten ihm: »Du bist ganz in Sünden geboren, und du willst uns Lehren
geben?« Und sie stießen ihn aus der Gemeinde der Gesetzesfrommen aus.
Jesus erfuhr von seiner Ausstoßung und sagte zu ihm, als er ihn antraf:
»Glaubst du an den Sohn Gottes?«
Jener gab zur Antwort: »Herr, wer ist denn das? Ich möchte gern an ihn glauben.«
Jesus antwortete ihm: »Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist es!«
Jener sagte: »Ich glaube, Herr!« und warf sich vor ihm
nieder.
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Ehre sei Dir, o Herr, Ehre sei Dir!
Δόξα σοι, Κύριε, δόξα σοι!
Slavă Ţie, Doamne, slavă Ţie!
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Homilie zum Tag
„Was war das erste,
was der Blindgeborene zu Gesicht bekam?
Das Antlitz des Mensch gewordenen Gottessohnes.
Anders ausgedrückt: Er hat die Mensch gewordene Liebe geschaut.
Als seine Augen die des Christus trafen, begriff er Gottes Mitleid, Gottes
Liebe, Seine tiefe Sorge und Sein Verständnis für uns. Ebenso wie der
Blindgeborene könnten auch viele andere Menschen beginnen, die Welt zu sehen,
wenn sie uns begegnen und dann in uns auf Menschen treffen würden, in deren
Augen und Gesichtern sie den Schein wahrer und richtiger Liebe finden könnten.
Wir haben heute die Geschichte vom Blindgeborenen gehört.
Wir können uns nicht vorstellen, was es bedeutet, blind zu sein.
Doch wir können nachvollziehen, wie eingemauert sich dieser Mensch gefühlt
haben muss, da er die Welt, die ihn umgab, nur als Geräusch wahrnahm, als
etwas, was er sich bildlich nicht vorstellen konnte. Er konnte sich die Welt um
sich vielleicht in seiner Phantasie erdenken, er konnte sie ertasten, er konnte
sie akustisch in einem begrenztem Maße differenzieren, doch ein vollständiges
Bild der Wirklichkeit blieb ihm immer verschlossen.
Wir sind nicht physisch blind, doch wie viele von uns leben in
sich zurückgezogen.
Wer von uns kann behaupten, dass er so offen ist, dass er es vermag, die Welt
in all ihrer Weite und all ihrer Tiefe aufzunehmen?
Wir treffen auf Menschen und betrachten sie mit unseren Augen.
Wie oft jedoch erblicken wir hinter der äußerlichen Gestalt eines Menschen,
hinter den Zügen seines Gesichts, den Formen seines Körpers auch dessen Tiefe?
Wir sind von Menschen umgeben und jeder Mensch ist für Gott einzigartig. Und
für uns?
Ist auch für uns jeder Mensch einzigartig?
Sind es nicht etwa alles nur „Leute“?
Ja, sie haben einen Namen. Sie tragen einen Familiennamen oder einen
Spitznamen, wir können sie an ihrer äußeren Gestalt voneinander unterscheiden,
doch wir wissen nichts von ihnen und der Tiefe, die in ihnen lebt.
So sieht unsere Lage aus. Wir sind also blind, wir sind taub, wir können die
Welt, die uns umgibt nicht wahrnehmen. Gleichzeitig sind wir jedoch auch dazu
berufen, Zeichen zu lesen. Wenn wir jemanden treffen, sollten wir uns diesem Menschen
wie einem Mysterium nähern, das heißt, etwas, was wir für uns nur dann
entschlüsseln können, wenn wir uns tief darauf einlassen. Wir sollten mit einem
Menschen in einen gegenseitigen Austausch treten, der unsere Tiefen berührt.
Das kann ein gemeinsames Schweigen sein, vielleicht aber auch gefasst sein in
Worte. Dieser Austausch sollte jedoch so tief sein, dass wir einander kennenlernen können.
Nicht so natürlich, wie Gott uns kennt, doch trotzdem sollten wir einander im
Schein des Göttlichen Lichtes betrachten lernen, welches jeden von uns im
Einzelnen und uns alle zusammen erleuchtet.
Des weiteren können wir - jeder nach seinem Maß, jeder
seinem Talent entsprechend - genau das Gleiche tun, was Christus getan hat. Er
hat die Augen des Blinden geöffnet. Was war das erste, was dieser dann zu
Gesicht bekam?
Das Antlitz des Mensch gewordenen Gottessohnes. Anders
ausgedrückt:
Er hat die Mensch gewordene Liebe geschaut. Als seine Augen die des Christus
trafen, begriff er Gottes Mitleid, Gottes Liebe, Seine tiefe Sorge und Sein
Verständnis für uns. Ebenso wie der Blindgeborene könnten auch viele andere
Menschen beginnen, die Welt zu sehen, wenn sie uns begegnen und dann in uns auf
Menschen treffen würden, in deren Augen und Gesichtern sie den Schein wahrer
und richtiger Liebe finden könnten. Eine Liebe, die nicht sentimental ist,
sondern fähig ist, die Dinge zu sehen und zu verstehen,
wie sie sind. Wenn es so wäre, dann könnten wir den Menschen um uns herum den
Sinn des Lebens offenbaren, der die Welt erfüllt und der sie erhält. Sei es
mittels der Kunst, mittels der Schönheit, mittels der Wissenschaft und wodurch
man noch Schönheit vermitteln und sie zwischen den Menschen verbreiten kann.
Doch was tun wir?
Bemühen wir uns etwa darum, jedem, dem wir begegnen, die Weite, Tiefe,
Schönheit und Bedeutsamkeit der Dinge nahezubringen?
Streben wir nicht meist eher danach, etwas zu bekommen, als zu geben?
Apostel Paulus hat aber doch gesagt, dass es besser ist, zu geben, als zu
nehmen.
Dabei ist ihm so viel geschenkt worden. Ihm ist geben worden, Gott aus eigener
Erfahrung im Glauben zu erkennen. Er hat alle Lehren, alle Erkenntnis und alle
Erfahrungen, die man aus dem Alten Testament schöpfen konnte, geschenkt
bekommen. Danach hat Christus Selbst sich ihm offenbart. Was hat er nicht alles
geschenkt bekommen.
Trotzdem hat es ihm mehr Freude bereitet, zu geben, denn er wollte all diese
Schätze, die ihm zugefallen waren, nicht nur für sich behalten.
Er wollte teilen und geben.
Er wollte Menschen mit seinem Feuer, das in ihm brannte, entzünden.
Lasst uns deshalb bewusst werden, wie reich wir eigentlich sind, wie beschenkt
und wie viel uns geben ist, dass wir die Welt sehen
und hören. Lasst uns auch eingestehen, wie tragisch es ist, dass wir
gleichzeitig so verschlossen und zurückgezogen in uns selbst leben, solange wir
die Mauern in uns nicht aufbrechen, um zu geben und so großzügig zu schenken,
dass wir nichts zurückbehalten wollen. So großzügig eben, wie wir auch
beschenkt worden sind. Dann wird, nach den Worten Christi, unsere Freude ihre
wirkliche Vollendung erfahren und niemand, niemand kann sie uns dann mehr
nehmen.
Amen.
(Entnommen dem Buch: „Durch das Kirchenjahr“ von Metropolit Anthoy
(Bloom)
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